Tag 7 18.09.18 Dienstag „ El Portal -Half Dome wir kommen-oder auch nicht“
Start 4:40 Uhr 49°F/10°C
Der Wecker braucht seinen Dienst nicht zu vollenden, ich bin schon vorher wach. Kaffee und ein Porridgefrühstück stärken uns dann für die Tour. Bis wir losfahren ist es 4:40 Uhr, es ist stockfinster und ein wunderbarer Sternenhimmel über uns. Am Trailhead Parking sind wir um 5:15 Uhr und startklar um ca. 5:30. Es macht sich noch eine weitere Gruppe fertig und es stehen einige Autos da, das sind wohl die Backpacker die irgendwo da oben campen. Wir marschieren los in Richtung Happy Isles,. Die Stirnlampe von Herbert ist super, aber ab und an geht sie einfach aus, gut das ich meine auch in der Hosentasche habe. Nachdem er den Modus ändert klappt es wieder (Ist halt so ein Hightechding)
Wir finden den Trailhead für Mist Trail, Vernal Falls und Muir Trail, alles der gleiche Einstieg. Ein betonierter Trailweg schraubt sich den Berg hoch, wir sind längst nicht alleine unterwegs, werden immer wieder überholt. Wir gehen unser Tempo, nur nicht anstecken lassen, der Weg ist noch weit.7 Meilen bis auf 2.693 m liegen vor uns, 1500 Höhenmeter sind zu bewältigen.
Originaltext Wikipedia:
Jedes Jahr besteigen Tausende Touristen den Berg. Der Gipfel des Half Dome kann über den Normalweg bei entsprechender Kondition erreicht werden. Für die etwa 25 km Wegstrecke und annähernd 1500 Höhenmeter im Auf- und Abstieg benötigen geübte Wanderer acht bis zwölf Stunden.
Schon recht bald kommt ein Restroom, dort kann man auch seinen Wasservorrat ergänzen. Dann geht es ungeteert weiter und es dämmert auch schon. Die Stirnlampen werden bald nicht mehr gebraucht. Der Misttrail geht verdammt steil nach oben, große Stufen sind zu bewältigen. Vernal Falls sind das erste Highlight. Der Wasserfall ist derzeit recht schwach auf der Brust und deswegen ist der Misttrail gar nicht feucht. Die Geräusche sind dennoch imposant, wenn das Wasser auf die Felsen klatscht.
ganz schön bequem solche Stufen
steile Passage - gut gesichert
Dann sind wir nach meinem Empfinden recht bald oben am Wasserfall, hatte ich nicht gelesen, das wäre die Hälfte des Weges zum Half Dome? Leichtsinnig denke ich mir, dass es dann so tolle nicht werden kann. Ziemlich daneben gedacht . Das hatte ich wohl mit den Navada Falls verwechselt.
recht wenig Wasser
ein Blick zurück
Vernal Fall von oben
ich folge natürlich brav den Anweisungen
Bald geht es etwas moderater durch ein Waldgebiet und wir kommen an einem 2. Restroom vorbei, danach an einem Backpacker Center, was auch immer ich mir darunter vorstellen muss. Campingplatz nehme ich an. Wir schrauben uns weiter hoch, Herbert hat schon etwas Probleme, eine Erkältung macht ihm Lufttechnisch zu schaffen und Seitenstechen plagt ihn.
Na Bravo, das kann ja was werden. Wir machen gelegentlich kurze Pausen und trinken etwas, essen eine Nussmischung. Ich mach mir schon Sorgen um meinen Angegrauten, der schnauft und wirkt nicht sonderlich fit. „Ich will da aber doch hoch“. Der Weg zieht sich und es geht über Stock und Stein und einmal müssen wir einem, wohl frisch gefallenen, Baumriesen ausweichen, bzw. überwinden. Meinem Mann geht es nicht gut. Ich biete ihm an umzukehren, ich würde auch alleine weitergehen. Nö, das will er doch noch nicht.
das ist nicht der gefallene Baumriese
diese Dinger sind riesig, am liebsten hätte ich einige eingepackt
die Sonne beleuchtet schon mal den Half Dome
die Nevada Falls
Wir kommen an Schildern vorbei die uns an das Permit erinnern, ok ich hab es dabei. Dann sind wir schon an der Baumgrenze und haben erste grandiose Blicke, wir machen eine Pause. Herbert möchte wissen wie weit es noch ist. Das weiß ich auch nicht, gefühlt sollten wir schon bald am Subdome sein.
das Ziel vor Augen
Wir können den Half Dome und die Cables schon in der Ferne sehen. Herberts Motivation ist auf Null, er gibt auf und entscheidet sich zurück zu gehen. Ich gehe alleine weiter. Bald kommt eine Hochfläche und die Ausblicke sind einfach atemberaubend.
Es geht hoch, hoch, hoch. Ich halte mich zwar für fit, aber meine Hüften und Fußsohlen machen sich schon geraume Zeit bemerkbar. Nix gibt´s, ich will da hoch. Der Ausblick auf die Menschen die bereits den Subdome hochsteigen macht mir schon etwas Bauchgrummeln.
das waren noch die angenehmen Passagen am Subdome bei den anderen hatte ich keine Lust zu fotografieren Doch es geht, aber es ist verdammt anstrengend. Hohe Stufen und dann blanker Granit relativ steil ohne Sicherung. Rechts und links geht´s ganz schön runter. Es ist ganz schön Betrieb hier, rauf und runter und an den Cables sieht es genauso aus. Es ist mittlerweile ca. 11:30 Uhr.
der schwarze Kerl ging einfach nicht aus dem Bild andächtig stand der da und wich nicht vom Fleck
Bis jetzt hat noch kein Schwein, ähm Mensch mein Permit kontrolliert. Dann hab ich den Subdome bezwungen, dort haben sich ganz schön viele versammelt und machen erst mal Pause. Ich treffe viele Weggefährten wieder, man hat ja ständig etwas small talk gemacht. Ich lasse mich bei einer Familiengruppe nieder, die wir auch schon immer wieder getroffen haben und schau mir die Cables an.
Das sieht echt wahnsinnig aus, da will ich mich hochhangeln? Da kommen mir erste Zweifel, auf den Bildern und Videos sah es für mich nicht ganz sooooo steil aus, außerdem ist der Abstand von einem Trittbalken zum nächsten weiter als ich mir das wünschen würde. Bin ja nicht die Größte. Ich wollte doch aber da unbedingt hoch. Also mache ich mich bereit, Handschuhe aus dem Rucksack und alles andere gut verstaut. Ein junger Mann von der Family hat sich gegen das Abenteuer entschieden und bewacht die Rucksäcke der Anderen, ich darf meine handgeschnitzten Stöcke dazu stellen. Ich wage mich vor, teste die handschuhliche Haftung an den Cabels und starte. Puh, das fühlt sich alles ziemlich ungut an, die Abstände zwischen den Pfosten sind so weit, dass ich nicht von einem zum nächsten greifen kann und meine guten Bergschuhe, nur wegen dieser Tour überhaupt dabei, fühlen sich rutschig an. Nach 10 Metern ist für mich Schluss, ich drehe um und steige wieder ab, das geht wieder erwarten besser als befürchtet. Sodele, dann stehe ich da am Einstieg der Cables und blicke wieder nach oben, soll ich es noch mal versuchen? Am steilsten Stück staut sich der Auf- und Abverkehr immer wieder und das ist mein Hauptproblem. Ich bedenke auch die Zeit, die ich für das ganze Abenteuer noch brauchen würde und mittlerweile ist es schon nach 12:00 Uhr. Das dauert ja viel zu lang und ich habe Angst , die siegt schließlich.
Schluss, der Subdome ist meine Grenze, ich bin zwar traurig, doch besser so.
ein letztes Foto vor dem Rückweg
Ich geh zurück zu meinem Stockbewacher und sage ihm „I am not brave enough“. Wir klatschen uns ab, denn ihm ging es ja genauso und er ist ein junger Mann. Ich bin nicht die Einzige die hier aufgibt, manche geben schon vor dem Subdome auf. Die, die vom Half Dome absteigen, sind zwar total fasziniert und begeistert und manchmal auch recht erschöpft. Ein junger Mann hat seiner Freundin oben am Half Dome einen Heiratsantrag gemacht und das entzückt einige andere „how romantic!“ Gut das ich schon verheiratet bin, auf den Half Dome wäre ich damals schon gar nicht gestiegen, meine Bergkarriere hat erst viel später angefangen.
Ein langer Abstieg liegt vor mir, dafür muss die Kraft ja auch noch reichen. Ich sage Adieu zum Half Dome und arbeite mich den Subdome wieder hinunter. Meine Hüften jauchzen schon und meine Füße sind auch nicht mehr ganz taufrisch um nicht zu sagen „ziemlich platt“. Unterhalb vom Subdome genieße und fotografiere ich noch den grandiosen Rundumblick und versuch mein Sandwich zu essen. Doch da kommen so viele Wespen, die mitessen wollen, da vergeht mir der Appetit ganz schnell. Alles einpacken und abhauen, die Wespen verfolgen mich noch mindstens 10 Minuten. Dann beginnt der lange Abstieg, Gott war der Weg wirklich sooo lang? Immer wieder warte ich auf markante Wegpunkte, doch die wollen und wollen einfach nicht kommen. Der umgefallene Baum, die Hinweisschilder aufs Permit. Ich gehe schon ganz dumpf vor mich hin, versuche meine Füße zu schonen soweitdas überhaupt geht. Mühsam geht es abwärts, immer wieder werde ich gefragt ob ich oben war. Nö, not brave enough.
Es streben noch so viele bergauf, die sind in meinen Augen doch viel zu spät dran. Na das kann mir doch egal sein. Der Weg zieht sich unendlich und alles schmerzt, ich habe außerdem Hunger. Also es ging mir schon besser in den Bergen in Osttirol. Ich stärke mich kurzzeitig mit der Nussmischung und es geht wieder weiter. Endlich komme ich an den ersten Restroom und jetzt bin ich verwirrt. 2 Tafeln weisen in´s Valley, welchen Weg bin ich gekommen? Der eine Weg ist kürzer aber sehr steil, der andere länger und moderat wird mir gesagt. Wir sind natürlich den steilen Weg gekommen, in meiner Verfassung entscheide ich mich jedoch für den moderaten und längeren Weg.
oberhalb der Nevada Falls
Ein Mann fragt mich noch ob ich auf meinem Weg einen „struggling man“ gesehen hätte. Nö, da war nur eine Frau, welche auch aufgegeben hatte aber die war soweit ok. Dann komme ich oberhalb des Nevada Falls vorbei, ein schöner Platz, doch das kann ich grad nicht genießen.
Der weitere Weg ist meistens recht einsam, auch nicht das was ich mir so wünsche im Bärengebiet. Ab und an gibt es doch ein paar Mitwanderer. Einmal stehen sie als Gruppe da und blicken aufgeregt in eine Richtung. Super, einen Bären brauche ich jetzt grad nicht. Bingo, ein junger Bär ist im Schatten auf einem Baum zu sehen. Ein kurzer Blick, es ist wirklich ein kleiner Bär, und ich gehe stoisch weiter.
Dann denke ich über den struggling man nach und mir kommt der blöde Gedanke ob das vielleicht mein Angegrauter ist. Super, das hätte mir gerade noch gefehlt. Eine ganze Weile lässt mich dieser Gedanke nicht los, doch dann bin ich wieder mit mir beschäftigt und ich weiß ja dass Herbert zäh ist. Der Weg zieht sich, eine Kreuzung, eine Entscheidung. Nach links in´s Valley 2.4 Meilen, nach rechts 1.9 Meilen. Jetzt gehe ich nach links, nur noch runter. 4 junge Männer kommen mir entgegen und fragen nach dem Weg in´s Valley. Also rauf bestimmt nicht, sie haben eine Karte dabei, die den Namen Karte gar nicht verdient. Ok, ich hab gar keine dabei. Ich kann sie überzeugen, dass es runter gehen muss und sie glauben mir. Endlich, endlich ist der Vernal Fall in Sicht. Da tummeln sich ziemlich viele Menschen, die nur mal schnell von unten rauf gestiegen sind um diesen Wasserfall zu bewundern. Im See unterhalb des Wasserfalls sitzen zwei Personen auf einer Felseninsel in Meditationshaltung. Naja, wers braucht. Eigentlich ist es verboten dort zu sein, doch das ignorieren noch andere und außerdem wäre mir das Wasser zu kalt .
Irgendwo kommt auch Musik her.
Das interessiert mich alle gar nicht, ich spüre nur noch meine Füße und meine Hüften und das recht schmerzhaft. Jetzt ist dieser dämliche Weg wieder geteert oder betoniert und das ist bergab wirklich nicht schön um nicht zu sagen grauenhaft.Ich freue mich glatt über jeden Abschnitt der mal wieder bergauf geht. Runter, runter nix wie runter. Es zieht sich. Es ist mittlerweile 18:00 Uhr und ich bin seit 12,5 Stunden unterwegs. Ob Herbert schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben hat? Als ich endlich, endlich am Trailhead bin, weiß ich nicht mehr in welcher Richtung der Trailhead Parkplatz ist.Nach rechts oder nach links. Schließlich war es stockfinster als wir hier losmarschiert sind. Ich stoppe einen Jogger und frage ihn, er weist mir eine Richtung nach links, da geht es über eine Brücke. War die heute Morgen auch schon da? Wenn ich mich jetzt noch mal verlaufe dann bin ich am Ende meiner Nerven und Kräfte.
Das Schicksal ist mir hold, doch auch hier zieht sich der Weg so sehr, dass mir schon wieder Zweifel kommen und ich frage noch mal einen jungen Mann, der war mir auf dem Trail weiter oben schon mal begegnet, da fragte er mich nach dem John Muir Trail und ich wusste natürlich nicht wo der ist und wie er dort hinkommen kann. Dabei waren wir glaub ich sogar auf diesem Trail. Er war sich sicher, dass wir in Richtung Trailhead Parkplatz unterwegs sind, welche Erleichterung. Er war auch ziemlich fertig: „nie wieder John Muir Trail, aber es war spitze“. Er wünschte sich noch jetzt eine Woche lang schlafen zu können, ich freute mich schon auf eine lange Nacht.
Dann endlich der ersehnte Parkplatz und unser Auto steht noch da und Herbert sitzt heil drinnen. Das war jetzt richtig gut. Er erwartet mich mit Bier und Weintrauben. In diesem Moment konnte es nichts Schöneres geben. Das Bier wird wohl reinhauen, dachte ich, so leer wie ich bin. Doch nix haut rein, mein Körper saugt alles so flott auf, der Alkohol kommt gar nicht im Kopf an. Jetzt aber nix wie in die Cedar Lodge und in die Badewanne. Ich komme schon fast nicht mehr aus dem Auto raus und humple nur noch ins Zimmer. Heiße Badewanne, etwas Brotzeiten und schon liege ich flach und schnarche.
Aber von wegen gut schlafen, ich wache immer wieder auf, bei jedem Dreher im Bett fühle ich Schmerzen. Um Mitternacht stehe ich auf und reibe meine Beine mit Sportgelein und die Füße kriegen Wärmebalsam. Das scheint zu helfen, ich kann etwas besser schlafen. Um 5:45 Uhr stehe ich auf und nach kurzem eingewöhnen kann ich schon fast wieder rund laufen. Half Dome, ich komme nicht wieder, aber schön war es trotzdem. Die Schmerzen sind schnell vergessen.
gefahrene Meilen - unerheblich
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