Rund um Salton Sea - Ein Retro-Trip in drei Kapiteln.

  • Teil 1: Bananen, Salz und tote Fische


    Wer etwas übrig hat für Marodes und Skurriles, wer keine Angst vor Orten hat, die man durchaus als creepy bezeichnen kann, der wird an einem Ausflug zur Salton Sea in der kalifornischen Wüste sicher Gefallen finden.
    Nur einen Katzensprung vom Joshua Tree National Park entfernt, lässt sich das Gebiet mühelos in kurzer Zeit erreichen. Es liegt sozusagen am Weg, wenn man von Los Angeles aus auf der I-10 Richtung Osten unterwegs ist. Idealer Übernachtungsort für den Salton Sea ist das kleine Städtchen Indio am Schnittpunkt der I-10 mit dem Highway 86 gelegen.Gute 900 Quadratkilometer groß ist der größte See Kaliforniens, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Seine Existenz verdankt das Gewässer einem „Unfall“ - so zumindest könnte man das nennen, was da zu Anfang des vorigen Jahrhunderts vor sich geht.



    Der See liegt im Imperial Valley, einstmals ein fruchtbares Tal, dem aber im Jahr 1905 das Wasser ausgeht, weil der zuständige Kanal nicht mehr genügend vom kostbarem Nass aus dem Colorado River ins Tal leitet. Eigentlich würde der Colorado auf natürlichem Wege dem Tal ausreichend Wasser spenden, denn er verlegt sein Flussbett in regelmäßigen Abständen ins Imperial Valley. Leider geschieht das seit Urzeiten nur alle 400-500 Jahre. Und so lange wollte man partout nicht warten damals im Jahr 1905, als der schon vorher gestartete Versuch mit dem Imperial Valley Canal zu scheitern droht. Kurz entschlossen baut man also neue Wasserwege zwischen Colorado River und dem durstigen Tal. Man schneidet regelrechte Kerben ins Ufer des Flusses, durch die das Wasser direkt ins Tal geleitet wird. Nur leider hat man sich etwas verschätzt, was die Menge angeht. Der clevere Colorado ergreift flugs die Gelegenheit ein paar hundert Jahre zu sparen. Seine Wassermassen brechen die Kerben auf fast einem Kilometern Länge auf, was ausreichend ist, sein gesamtes Wasser, von dem gerade ziemlich viel vorhanden ist, ins tiefer gelegene Imperial Valley zu schicken. Zwei Jahre lang tut er das ungehindert. Man kann sich vorstellen, dass da eine Menge zusammen kommt. Erst 1907 gelingt es, die Fluten einzudämmen und den vorwitzigen Fluss in sein altes Bett zu verweisen.



    In dieser Zeit hatte sich längst der heutige Salton Sea in diesem tief in der San Andreas Fault gelegenen Gebiet breit gemacht. Bei der Gelegenheit hat der Colorado auch gleich die ehemalige Ortschaft Salton, nach dem das Gewässer benannt ist, verschluckt. Man kann allerdings rechtzeitig evakuieren. Der See liegt unter Meereshöhe, ziemlich genau 72 Meter darunter und nur fünf Meter höher, als der „Tiefpunkt“ des Kontinents im Death Valley bei Bad Water. Sonderlich tief ist er nicht, ca. 13 Meter mit abnehmender Tendenz. Mag sein, dass er irgendwann wieder verschwindet, aber das dauert noch eine ganze Weile. 15 Meilen misst der See in der Breite und ca. 35 Meilen in der Länge. Einen Abfluss hat er nicht und einen Zufluss auch nicht. Ein stehendes Gewässer also. Mit all den Problemen, die damit verbunden sind. Rund um den See wird Landwirtschaft betrieben, die Abwässer inclusive Dünger gelangen ins eh schon mit Algen verseuchte Wasser. Dazu kommt der steigende und inzwischen extrem hohe Salzgehalt, unter anderem hervor gerufen durch den schon immer salzhaltigen Untergrund des Imperial Valley. Mittlerweile ist das Wasser dort salziger, als natürliches Meerwasser. All das führt zu massenhaftem Fischsterben. Die Ufer sind an manchen Stellen mit toten Fischen regelrecht gepflastert. Kein schöner Anblick, auch kein schöner Geruch. Es gibt seit Jahren eine Reihe von Initiativen verschiedener Gruppierungen, den See zu retten. Ob es gelingt, wird man sehen.


    Heutzutage sind der See und seine Ansiedlungen bei Weitem nicht mehr so attraktiv, wie sie es in den 1950er und 1960er Jahren einmal waren. Damals entwickelt sich die Region zu einem Resort Area, in Ortschaften wie Salton City, Salton Sea Beach, Desert Shores, North Shore oder Bombay Beach werden Hotels und die dazu gehörige Infrastruktur gebaut. Jede Menge Wochenendtouristen, meist aus dem Großraum Los Angeles, verbringen ihre Freizeit an den Ufern des Salton Sea. Selbst Hollywood Stars und Sternchen sind in größerer Zahl vertreten. Doch das währt alles nicht lange. Mit zunehmender Verschmutzung durch Dünger, Algen und Bakterien, wird die ehemalige Ferienregion zu einem nach faulen Eiern stinkenden Gewässer, das seine faulen Gase in Form von Schwefelwasserstoff bis nach Los Angeles sendet. Schwimmen oder Surfen geht gar nicht. Bootfahren nur bedingt oder mit viel Mut. Absaufen möchte man in dieser Brühe eher nicht.


    Warum sollte man sich also Salton Sea antun? Na ja, wie oben schon gesagt. Marodes und Skurriles. Tote Fische, Mud Pots, Hippies, alles da. Fahren wir doch mal hin.





    Wir starten unseren Trip in Indio. Da gibt‘s ein paar alte Motels und Neons anzuschauen, die sich bei Dunkelheit immer noch ganz gut machen. Erinnert ein bisschen an die Route 66. Der Highway 86 führt uns nach Mecca. Dort zweigt die 111 ab, auf die wir nach links einbiegen und Kurs auf das Nord-Ostufer des Sees nehmen. Man kann auch schon in Indio auf die 111 fahren, sie verläuft parallel zur 86, das bleibt sich am Ende gleich.



    Beim Boost Mobile Store begegnen wir mal wieder einem Muffler Man, diesmal kommt er als gigantischer Cowboy daher. Wir kennen solche Figuren ja schon von der Route 66. Ist recht fotogen, besonders im Abendlicht. Eigentlich müsste er was in den Händen halten, aber das Teil fehlt oder wird gerade erneuert.




    Mecca beherbergt eine weitere „Attraktion“ in Form des International Banana Museum, das kurioserweise etwas außerhalb am Grapefruit Boulevard - so heißt die 111 hier - liegt. Wie gesagt, es gibt Skurriles zu sehen am Salton Sea. Das natürlich in Chiquita-Gelb gehaltene Gebäude ist auf der rechten Seite gar nicht zu übersehen. Schon auf dem Parkplatz vor dem flachen Bau werden wir von der ersten Banane begrüßt. Die sitzt da so auf einem Klappstuhl in der Sonne herum. Schauen wir also mal rein. Abenteuerlich, was man da alles an Kitsch zusammen getragen hat. Allerdings muss man anerkennen, dass tatsächlich jedes Stück „Banane ist.“ Mal mehr, mal weniger.







    Ein paar Meter weiter den Grapefruit Boulevard hinunter sieht man rechter Hand die Ruinen der Toro Loco Carniceria und der davor befindlichen Tankstelle. Das GAS Schild ist etwas verblasst, hat aber standgehalten, genau wie das Schild vor der Metzgerei. Ein Public Phone, das noch vor nicht allzu langer Zeit vor der Mauer stand, ist inzwischen abmontiert, nur die kümmerliche Säule hält die Stellung. Nirgendwo steht No Trespassing, also kann man sich die Überreste etwas genauer anschauen, so man für derartige Dinge Interesse hat.











    Die nächste Straße rechts (Marina Drive) bringt uns zum North Shore Beach and Yacht Club, von dessen ehemaliger Pracht kaum etwas übrig ist, obwohl die Anlage 2010 restauriert worden ist. Ein bisschen Betrieb herrscht dort immer noch. Man fragt sich, was die Leute hier machen. Boot fahren? Eher nicht. Schwimmen? Ganz sicher nicht. Angeln? Um Gottes Willen. Außerdem liegen die toten Fische hier überall herum. Fauliger Fischgeruch liegt in der Luft. Kein Ort, an dem man lange verweilen mag. Auch nicht, obwohl Nancy Sinatra hier dereinst die Hüften geschwungen haben soll.











    Inzwischen den Abrissbaggern zum Opfer gefallen ist die weiße Schachtel - so zumindest sah das Gebäude mal aus - eines Cafés, an dessen Dachbalken man noch die Aufschrift Beer & Bait erkennen konnte. An der Rückwand fanden sich diese aufgeklebten Werbeplakate.








    Also weiter nach Bombay Beach. Die kleine Siedlung North Shore, die man über die Mecca Avenue erreichen kann, kann man getrost auslassen. Es gibt nicht viel zu sehen dort. Dahinter erstreckt sich auf 14 Meilen das Salton Sea State Recreation Area. Recreation? Lieber nicht.


    Bombay Beach - das war damals in den 1950er und 1960er Jahren ein blühendes Resort. Schwimmen, Wasserski, Golf. Ein Yacht Club. Man kann sich das kaum vorstellen, wenn man heute hierher kommt. Bombay Beach hat schon fast apokalyptische Züge. An der Einfahrt wird man von einem noch gut erhaltenen Schild mit Welcome to Bombay Beach begrüßt. Macht sich prima als Fotomotiv, morgens und abends besonders. Direkt daneben weist das Salton Sea Recreation Area Schild die mutigen Erholungsuchenden immer noch auf den nahe gelegenen Campground samt Picknick Area hin.







    Wir trauen uns also weiter, entlang der Avenue A. Nach ein paar hundert Metern zeigt sich eine Spur von Leben. In Form eines alten, rostigen Neons, das für das SKI INN Reklame macht. SKI für Wasserski. Für die örtlichen Verhältnisse ist das Ding noch recht gut erhalten. Man kann dort essen und trinken. Die Briefkästen davor bezeugen, dass hier noch Menschen leben. Etwa 250 sollen es sein. Keiner lässt sich blicken. Gut so? Vielleicht. Dahinter der Bombay Market. Beer, Groceries und so. Kann sein, dass er auf hat, kann auch nicht sein. Wir probieren es nicht aus. Aber in Betrieb ist er.






    Übrigens, Hans Petersen scheint nicht sehr beliebt zu sein in Bombay Beach. Do not hire this man. Never finish anything he starts, WILD MAN. Do not hire him. So jedenfalls steht es geschrieben auf einem großen Stück Papier, das sicher Hans Petersen‘s „bester Freund“ an eine Mauer gepinnt hat. Keine Ahnung, wer Hans Petersen ist, aber wir werden ihn natürlich nicht engagieren. Für was auch? Who knows.


    Bombay Beach ist ein Quadrat - ein Quadrat des Verfalls. Marode Häuser, Ruinen, ein paar sind bewohnt und etwas besser in Schuss, aber nur ein paar. Autos stehen daneben, Fahrräder, Golf Karts, man lebt hier irgendwie. Man lebt mit dem Verfall, mit dem allgegenwärtigen Schrott, dem Gestank aus dem See. Den Trümmern am Ufer. Hier liegt alles mögliche an Gerümpel herum. Die unvermeidlichen toten Fische natürlich. Ein Bootswrack, an bessere Zeiten erinnernd, auf den Felsen aufgebockt. Unwirklich und unheimlich das Ganze. Wie eine Filmkulisse für Stephen Kings neuesten Horrorroman. Wer traut sich im Dunkeln hierher? Wir sind nur einem Menschen begegnet und der war von auswärts. Er hat fotografiert. Wie wir. Bombay Beach im frühen Sonnenlicht. Muss man gesehen haben.

















    Es gibt einen Film über das Leben in Bombay Beach. Musik von Bob Dylan. Hier der Trailer: Klick


    Lohnt sich anzusehen. Amazon hat ihn. Oder hier: Klick
    Die Jungs, die diesen kurzen Film produziert haben, haben sich in einige Häuserwracks gewagt und gefilmt. Auch sonst vermittelt die Viertelstunde einen guten Eindruck von Bombay Beach today.



    Zurück zum Highway 111, dem Grapefruit Boulevard. Haben wir schon erwähnt, dass auch hier die Eisenbahn, genauer gesagt die BNSF mit ihren endlosen Güterzügen allgegenwärtig ist? Die Schienen verlaufen parallel zur Straße, wie wir es von der Route 66 kennen. Und genau so laut tuten die schweren Dieselloks bei jeder Gelegenheit.




    Bei Sonnenuntergang liegt eine seltsame Atmosphäre über See und Strand. Auch das Licht ist „anders“ - irgendwie passt es zu diesem Ort.





  • Gibt es die ganzen Ruinen in Bombay Beach nicht mehr? Oder seid ihr von einer anderen Straße rangefahren? Diese Reste von Häuser meine ich. KLICK


    Das sieht bei euren Bilder so leer aus. Nur noch ein paar Stangen.

  • Hallo Ellen und Udo,


    ich hoffe, ihr erlaubt es mir. Hier ist ein Auszug aus meinem Reisebericht 2013:


    Noch bizarrer konnte es wohl an diesem Tag nicht werden, doch dann fuhren wir zum Salton Sea weiter. Bombay Beach hört sich doch toll an und deshalb machten wir einen Abstecher.


    Du meine Güte! So sah das Ende eines amerikanischen Traums also heute aus.



    Einst besaßen Filmgrößen wie Frank Sinatra dort ein Haus,




    heute ist es fast eine Geisterstadt.



    Der Glanz ist verblasst, die Leute stehen nicht mehr Schlange, um ihre Boote zu Wasser zu lassen und der See versalzt immer mehr.


    Einer der dem Salzgehalt einigermaßen trotzt, ist der Tilapia, ein Buntbarsch. Und den findet man unerwartet im State Park an einem malerischen Strand



    letztendlich auch stark gepökelt an Land ;) .




    Ein Ranger erzählte uns, dass seit einiger Zeit das Angeln im See wieder freigegeben ist.



    Das hat den Vorteil, dass man bei der Zubereitung vom Fang aufs Salzen verzichten kann ;,cOOlMan;: .

  • Gibt es die ganzen Ruinen in Bombay Beach nicht mehr? Oder seid ihr von einer anderen Straße rangefahren? Diese Reste von Häuser meine ich. KLICK


    Das sieht bei euren Bilder so leer aus. Nur noch ein paar Stangen.

    Hi Betty,


    doch, die Ruinen gibt's teilweise noch. Wobei sich natürlich manches in recht kurzer Zeit verändert oder so ein Teil auch mal zusammen bricht. Zumindest hatten wir den Eindruck beim letzten Mal.




  • ich hoffe, ihr erlaubt es mir. Hier ist ein Auszug aus meinem Reisebericht 2013:


    Noch bizarrer konnte es wohl an diesem Tag nicht werden, doch dann fuhren wir zum Salton Sea weiter. Bombay Beach hört sich doch toll an und deshalb machten wir einen Abstecher.


    Du meine Güte! So sah das Ende eines amerikanischen Traums also heute aus.

    Aber klar doch! :!!



    Danke für die Ergänzung und die Bilder. Da angeln tatsächlich welche...



    Yep, dort ist der American Dream ziemlich am Ende.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich mir eure Fische so anschaue, dann vermute ich nun doch, die sind schon etwas älter.


    2008 sahen sie nach frisch gefangen aus.



    Da erzählte man uns, es wäre im Winter zu kalt gewesen für die die Sorte. :nw:


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  • Stimmt, sie sehen "älter" aus ... schönes Video. Danke!



    Ellen und Udo: Vielen Dank für diesen interessanten Bericht einer wohl ziemlich trostlosen Gegend ;DaKe;; Orte wie Bombay Beach und North Shore hören sich so grossartig an ;;NiCKi;: Dabei kann man sie bestenfalls noch skurril und marode nennen :EEK::EEK:

    Gerne. Ist nicht leicht, einen "Draht" zu Salton Sea zu finden. Aber die Gegend "hat was". Gerade, weil sie so ist, wie sie ist.

  • Aber die Gegend "hat was". Gerade, weil sie so ist, wie sie ist.

    Also ich bin auch froh, mal da gewesen zu sein - ich fand die Atmosphäre ziemlich gespenstisch: Riesen-Parkplätze und eine Menge Picknickplätze direkt am Strand, aber außer uns kein Mensch. Aber es gab auch recht schöne Blicke auf und über den See.
    Nett war dann "die Abkürzung" von Mecca über die Box Canyon Road in den Joshua Tree.


    Auf jeden Fall habt ihr den See gut dokumentiert, und auch seine Geschichte ist sehr anschaulich erzählt :!!
    Die Bilder mit dem Boot finde ich toll, und sowas hier findet man ja auch nicht überall :gg: :


    Do not hire this man. Never finish anything he starts

  • Nett war dann "die Abkürzung" von Mecca über die Box Canyon Road in den Joshua Tree.

    Auf die gehen wir am Schluss noch ein. Eine schöne Alternativstrecke zum See.


    Die Bilder mit dem Boot finde ich toll, und sowas hier findet man ja auch nicht überall :

    Danke. Yep, das stimmt wohl. ;,cOOlMan;:

  • Teil 2: Erlösung, Hippies, Schlammvulkane



    Der nächste Ort heißt Niland. Gaston‘s Cafe hat schon lange keine 24 Stunden mehr geöffnet. Es hat gar nicht mehr geöffnet. Seit Ende 1999 ist es geschlossen, sein Besitzer, Harold Gaston, war ein Salton Sea Pionier, der schon seit den 1930er Jahren hier lebte. Bis 2005. In den 1960er Jahren, als die Sportfischerei am See ihren Höhepunkt erreicht, tummeln sich tausende hungrige Angler in Gaston‘s Cafe. Das schlanke Schild hat überlebt. Bis heute.



    Jetzt machen wir ein paar Abstecher. Nicht, dass es nicht noch verrückter ginge. Slab City und der Salvation Mountain stehen auf dem Programm.

    In Niland biegen wir im rechten Winkel nach links auf die Main Street ab, die später zur Beale Road wird und über die Bahnlinie führt. Vier oder fünf Kilometer sind es bis zum Salvation Mountain, dem „Berg der Erlösung“. Nun ja. Beim Anblick des Gebildes bleibt einem erst einmal die Luft weg, zumindest, wenn man vorher noch keine Bilder davon gesehen hat.









    Wie auch immer, erschaffen wurde das Gebilde von Leonard Knight (01.11.1931 - 10.2.2014), den man durchaus als, im positiven Sinne, „religiösen Fanatiker“ bezeichnen kann. Sein Lebenswerk ist der Salvation Mountain, mit dessen Bau er im Jahr 1984 beginnt. Knight baut fast alles aus Lehm, Stroh, Farbe und Steinen selbst zusammen. Geldspenden nimmt er nicht. Während der Bauzeit wohnt er in einem alten Truck ohne Strom und Wasser. Heute ist sein Berg, der seine Gottesbotschaft aller Welt verkünden soll, ein echtes Touristenmagnet geworden. Die ganze Welt scheint den Salvation Mountain sehen zu wollen. Man kann, wenn man sich an die gelbe Markierung hält, bis oben hinauf kraxeln. Der Berg hat es sogar zu einer Movie Location gebracht. Szenen aus „Into the Wild“ - ein Film, den sicher viele Amerika-Fans gut kennen, werden hier, wie auch im benachbarten Slab City gedreht. Bunt ist er, der Mountain, genauso bunt, wie seine unzähligen Besucher.











    Und dann ... Slab City. Nur einen Steinwurf entfernt vom „Berg der Erlösung“. Eine Stadt ist das nicht, ein Dorf auch nicht. Es ist nichts anderes als eine Wohnwagensiedlung, in der es keinen Strom und kein Wasser gibt, keinen Laden, keinen Doc, keine Polizei, keine Ordnung. Hier leben alternde Hippies, Snow Birds, denen es in Kanada oder Alaska zu kalt ist, Rentner, Künstler, Aussteiger aller Art. Es sind hunderte, in den Wintermonaten sogar tausende. In Wohnmobilen, Lastwagen, Hütten auf Bäumen und am Boden und anderen skurrilen Unterkünften. Jeder für sich, jeder auf seine Art, jeder, wie er/sie will. Für Aussteiger: Es gibt in Slab City ein Hostel. Zum Eingewöhnen.










    Die Attraktion in Slab City ist The Range. Ebenfalls bekannt aus „Into the Wild“. Bill, den sie hier nur „Builder-Bill“ nennen, hat sie gebaut, die große Bühne aus Holzbohlen, Brettern und Wellblech. Davor alte Stühle, zerschlissene Sofas, ausgediente Kinositze für das Publikum. Schon ist die Szene bereit für das samstägliche Konzert. Bill greift selbst zur Gitarre, Country Songs natürlich. Wer will, darf ebenfalls ran. Der Beifall der gesamten Kommune ist ihm oder ihr sicher.







    Was gibt‘s noch zu sehen in „The Slabs“?. Einen Schuhbaum, ein in den Sand gesetztes Friedenszeichen aus Konservendosen und Flaschen samt Autoreifen im Zentrum, einen „Information Kiosk“, einen mit einer Million Gegenständen aller Art verzierten Pick-Up Truck, seltsame Bäume aus Stahlrohren, an denen alte Radios und sonstige kaum zu identifizierende Gebilde hängen, ein „Ortsschild“ aus Eisenstangen und Fahrrad, an dem „Missing“ Aushänge kleben. Und tausend andere, höchst seltsame Skurrilitäten mehr. Macht Euch selbst ein Bild von dieser wohl letzten gesetzlosen Community. Kann sein übrigens, dass Ihr nach „Gras“ gefragt werdet. Einfach „nein“ sagen reicht aber.









    Es gibt noch was zu entdecken in Niland. Die sogenannten Mud Pots - das sind geothermische Aktivitäten ausgelöst durch eine große Magmablase direkt unter diesem Gebiet. Es blubbert dort, manchmal puffen Schlammfontänen in die Luft. Nicht sehr hoch, nur ein bisschen. Der Untergrund ist ziemlich weich, man kann sich aber trotzdem dort sicher bewegen. Gleich nebenan steht ein Kraftwerk, das die hier vorkommende Geothermik zur Energieerzeugung nutzt. Nicht zu übersehen hinter dem Feld mit den Mud Pots. Das Gebiet ist recht leicht zu finden. In Niland nach Süden auf die Davis Road. Irgendwann kreuzt sie die McDonalds Road. Man sieht das Kraftwerk linker Hand. Ein paar Meter weiter und man ist am Ziel. Links liegt das Davis-Schrimpf Seep Field, wie es offiziell heißt. Unterwegs passiert man tote Bäume in karger Landschaft. Die Stars and Stripes haben auch schon bessere Zeiten gesehen.










    Wer was für Wasservögel übrig hat, kann hier in Niland das Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge besuchen. Es ist bestens ausgeschildert. Die Generation der 68er kennt den Mann als eine Hälfte von Sonny & Cher (I got you Babe). Später wird er Politiker, bringt es bis zum Bürgermeister von Palm Springs und später in den Senat in Washington. 1998 kommt ein Skiunfall dazwischen. Am Salton Sea ist sein Name verewigt. The Beat goes on.




    Damit hätten wir den südlichen Teil des Sees geschafft. Der Highway 78/86 dreht hier nach Norden ab (wir sind in Westmoreland, dort steht das verlassene Jalisciences Restaurant) und passiert Salton City, Salton Sea Beach und Desert Shores bevor er in Mecca wieder auf die schon bekannte 111 trifft. Als Highway 78 zweigt die Straße nach ein paar Meilen übrigens nach Anza Borrego ab. Falls jemand noch ein bisschen Wüstenluft schnuppern möchte. Oder Wild Flowers im Frühling.


  • Nach Slab City geht's aber noch weiter ;ws108; und deshalb füge ich der Vollständigkeit halber wieder ein Auszug aus meinem Reisebericht an :


    Ein Stück weiter auf der Dirtroad, biegt man links ab und steht vor dem Schild.



    Hier waren wir richtig :SCHAU: . Die Kommune heißt East Jesus.



    Am Eingang wurden wir von einem jungen Mann begrüßt, der uns von Charles Russell, dem Gründer, erzählte.



    Er sagte, dass Charly 2011 verstarb und sich zu Lebzeiten bestimmt sehr über unseren Besuch gefreut hätte, denn er studierte irgendwann in Tübingen.


    Was ;][; wissen wir nicht , doch das kam unter anderem dabei raus ;haha_ :




    Huuuch









    Ich denke, es gibt nichts an Schrott, den Charly nicht verbaut hat :gg: .


    Die Kommune lebt, wie auch der Salvation Mountain, von Spenden. Da bin ich auf jeden Fall mit dabei, so was verrücktes mit ein paar Dollar zu unterstützen.

    • Offizieller Beitrag

    Damals konnte ich der Gegend so gar nichts abgewinnen.

    Das hat sich bei mir auch nicht geändert.

    dann gefällt mir dieser morbide Charme.

    Das ist gefühlte Endzeitstimmung, da suche ich lieber ganz schnell das Weite. __PiK1__

  • Nach Slab City geht's aber noch weiter und deshalb füge ich der Vollständigkeit halber wieder ein Auszug aus meinem Reisebericht an :


    Ein Stück weiter auf der Dirtroad, biegt man links ab und steht vor dem Schild

    Yep, es geht noch ein Stück weiter bis "East Jesus". Danke für die Ergänzung, Ilona. :!!



    Tolle Doku!


    Ich war Anfang der 90er am Salton Sea. Damals konnte ich der Gegend so gar nichts abgewinnen.


    Heute würde ich es wahrscheinlich mit anderen Augen sehen. Denn wenn ich die Bilder so sehe, dann gefällt mir dieser morbide Charme.

    Morbider Charme trifft es sehr gut.


    Das ist gefühlte Endzeitstimmung, da suche ich lieber ganz schnell das Weite.

    So kann man es auch bezeichnen. Ist nicht jedermans Sache, wie wir ja auch schon in der Einleitung geschrieben haben. Für Fotografen ist die Ecke interessant, da lässt sich ne Menge draus machen (es gäbe noch reichlich Fotos). Deshalb findet man dort viele von ihnen. Auch Filmemacher etc.

  • Teil 3: Nightmares, Wüsten, Obstplantagen




    Salton City kann man wohl als die „normalste“ Siedlung an unserem See bezeichnen. 3700 Einwohner (die Zahl schwankt ständig) leben hier. Es gibt Tankstellen, Supermärkte und Jack in the Box. Da die 86 auf dieser Seite des Sees eine recht stark befahrene und gut ausgebaute Straße ist, lebt das Städtchen auch vom Durchgangsverkehr, vor allem von den Trucks, die in großer Zahl vorbei donnern. Auf dem Marina Drive kann man eine Rundfahrt durch Salton City machen, wenn man sich den Ort näher anschauen möchte.






    Ein Stück weiter könnte man ein paar Dollars verzocken. Das Red Earth Casino kann nicht ganz (oder besser: gar nicht) mit ähnlichen Institutionen in Nevada mithalten, aber man kann tanken, essen und ein bisschen gambeln. Natürlich gehört der Laden den örtlichen Indianern, die auf den schönen Namen Torres Martinez Desert Cahuilla Indians hören.

    Salton Sea Beach und Desert Shores sind die beiden letzten Orte bevor man die Rundfahrt um den See beendet. Salton Sea Beach kann es in Sachen Marodes locker mit Bombay Beach aufnehmen. Auch hier alles voll mit Gerümpel, Schrott, Haus - und Wohnwagenruinen. Sofas im Sand, Sessel im Wasser. Aufräumen scheint ein Fremdwort zu sein, alles bleibt stehen und liegen, verrottet in der heißen Wüstensonne.

















    Ein ähnliches Bild bietet sich in Desert Shores. Wüste, Palmen, mehr oder weniger marode Häuser und Gärten. Verlassene Gebäude dazwischen.










    Es gibt ein Motel. Wollt Ihr mal eine Bewertung aus Trip Advisor lesen? Hier kommt sie:


    „The nightmare of Desert Shores“

    This motel should give you money for staying there, not the other way around. Any price for this place would be a robbery because you need to be compensated for the discomfort. The lower lock of the room could be broken by a child, and the upper one was just covered with scotch tape. On the top of it, the atmosphere of the place is just like for expecting Jack the Ripper. The place is completely isolated, and there is nothing else around but a trailer park and old deserted buildings. The furniture of the rooms and the TV are taken from a dumpster, and the place hasn't been renovated perhaps since it was built. Old dingy rooms with a bad stale smell, a bathroom falling apart and bed covers which do not seem too clean. I was afraid to walk barefooted in the room. We were lucky that we came out of it without a skin rash. Don't believe the pictures on the web site. They have nothing to do with the reality.

    Ach ja, es handelt sich um das Sea & Sun Motel. Falls also jemand direkt am See übernachten möchte ...




    Li‘s Kitchen hat geöffnet. Ein Chinese, den es hierher verschlagen hat. Wann das letzte Bier im Our Place Saloon geflossen sein mag? Am Scott Drive, der parallel zum Highway 86 verläuft, fällt das große Mural auf, das an die Wand des Alamo Market gepinselt ist. Und ein dicker Fußball liegt herum. Hier herrscht tatsächlich ein bisschen Leben.







    Das alte Neon der ehemaligen Sans Souci Bar rostet seit Jahren vor sich hin. Das Gelände ist inzwischen von einem Zaun umgeben. Aber der hat ein Loch, so dass wir nicht durch Maschendraht fotografieren müssen.







    Aus Desert Shores heraus führt die 86 durch eher langweiliges, weil landwirtschaftlich genutztes Terrain. Obst - und Gemüseplantagen inklusive Gewächshäusern bestimmen rechts und links der Straße das Landschaftsbild. Gelegentlich rechts ein paar Wege zum See hinunter. Die Straße ist vierspurig und man kann die Gegend mit 65 mph hinter sich bringen. Trotzdem wird man hin und wieder von schweren Trucks, die mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen der Region beladen sind, keck überholt. Kein gestandener amerikanischer Truckee bremst für langsame Touristen. Nicht hier, nicht anderswo. Irgendwann hören die Felder auf, es wird wieder wüstenmäßiger. Rechts zweigen die 76th und die 78th Avenue im rechten Winkel ab, über die man, so man sich am Ende der Straße noch ein Stück durch die Büsche schlägt, den Strand erreichen kann. Wirklich lohnen tut sich das nicht. Es ist einfach öde hier. Und tote Fische hatten wir ja schon genug. Viel zu sehen gibt es nicht, einzig ein paar Straßenschilder (melden Sie betrunkene Autofahrer) bieten dem Auge etwas Abwechslung auf dieser eintönigen Fahrt. Und ein riesiger Palmenhain. An der Kreuzung mit der 66th Avenue erreichen wir die Outskirts von Mecca. Ein Stück weiter kreuzen wir wieder die 111 und können uns jetzt aussuchen, ob wir die 111 weiter nach Indio nehmen oder auf der 86 bleiben. Beide führen uns zu unserem Ausgangspunkt zurück.





    Wir hoffen, dass Euch die kleine Runde um den Salton Sea trotz aller Merkwürdigkeiten - oder gerade deswegen - gefallen hat.



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