Old England - Mostly Sunny Roads to the Past - Session 3 - Unterwegs in England und Wales

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als wir am Morgen aufwachen, sehen wir von Goodrich Castle durch unser Fenster noch weniger als gestern. Diesmal liegt es nicht am Gegenlicht, sondern an den Regentropfen, die an unser Fenster klopfen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Als nächstes schoss mir der Gedanke Fahrräder durch den Kopf. Außergewöhnlich schnell bin ich angezogen und stürze nach draußen. Im Grunde hätte ich mir auch Zeit lassen können, denn das Malheur ist schon passiert. Wir wissen ja seit 2012, das die Motorsteuerung am Fahrradlenker nicht wasserdicht ist, daher ziehen wir da Pariser drüber, d.h. Einmalhandschuhe. Mit den "Fingern" verknoten wir sie. Das funktioniert auch, nur werden die Dinger schnell porös, ob durch den Fahrtwind oder die Sonne sei mal dahingestellt, ist ja auch letztlich egal. Meiner war noch dicht, der von Frau B allerdings nicht, da zeigte sich ein Tropfen unter dem Glas. Inzwischen wissen wir auch, wie wir die trocken bekommen, saugen und dann auf die Heizung legen. 2015 allerdings noch nicht, da haben wir uns noch ganz auf die Kraft der Sonne verlassen. Ergo habe ich nur die Handschuhe gewechselt.

Wo wir schon dabei sind, die anderen beiden Schwachpunkte sind: Das Steuerkabel zum Motor, das ist eine Steckverbindung, sonst kann ja den Reifen bzw. Schlauch nicht wechseln und die Kontakt für den Akku. Jeder der eine Anhängerkupplung hat, weis, das der Stecker im Laufe der Zeit korrodiert, auch die sind nicht dicht. Daher sind unsere am Fahrrad mit Isolierband umwickelt, das ist dicht und nach sechs Jahren immer noch nicht korrodiert. Über den Akkustecker kommt auch ein Handschuh der mit Tesa festgeklebt wird. Die sind auch noch nicht korrodiert. Eine Abdeckung, wie z.B. bei HDMI Steckern üblich, ist nicht zu bekommen. Ein Unding. Vermutlich, weil man so mehr Fahrräder verkaufen kann.

Egal. Kommen wir zum Frühstück, wir haben ja jetzt Zeit, es regnet ja und zudem ist es im Zimmerpreis inklusive. Es gibt das komplette Repertoire das die englische Frühstücksküche zu bieten hat, auch Fisch, nämlich smoked haddock – geräucherter Schellfisch. Frisch gebrutzelt, also nicht kalt, ich bin gerettet.

Danach verladen wir unseren Krempel im Nieselregen ins Auto, checken aus und fahren die paar Meter zur Burgruine. Goodrich wird von der English Heritage verwaltet. Als wir unsere Karte vorzeigen werden wir gefragt ob wir einen Parkschein gezogen haben.
Nö, warum?
Der Parkplatz gehört der Gemeinde, nicht der Heritage. Wir müssten bezahlen und bekämen das Parkticket erstattet.
Aha. Ich habe aber kein Pfund.
Da gibt mir die nette Dame eine Münze und ich ihr das Parkticket, die Welt kann so wunderbar skurril sein.

Wir nehmen den Audioguide, es gibt nur English. Und weil es keinen deutschen Guide gibt, bekommen wir eine deutsche Übersetzung. Die nehme ich aber nicht mit, ich fotografiere sie nur ab.

Dann wandern wir los zur Ruine, es nieselt immer noch und als wir ankommen endet wenigstens schon mal der Regen. Egal toll ist was anderes. Wir fangen dennoch an zu knipsen. Arbeiten uns langsam vor und besteigen dann den Turm. Ha was liebe ich es, das Stativ durch enge Treppe zu tragen. Oben dann angekommen, scheint die Sonne!

Wer nun gedacht ich verschon Euch wegen dem 1. Bild mit der Geschichte, Fehlanzeige. Zur Belohnung kommen dann auch danach die sonnigen Fotos, denn natürlich haben wir alles noch einmal geknipst.

Die Geschichte von Goodrich beginnt vermutlich, nichts genaues weis man auch hier nicht, mit dem Bau des typischen normannischen Erdhügels mit Holzzaun darum herum. Veranlasst von Godric of Mappestone, womit klar sein dürfte, wo von der Name der Burg abgeleitet ist. Wobei Godric ein angelsächsischer Thane ist, kein Normanne. Es gibt aber auch Historiker, die glauben, das die Burg noch älter ist. Schon zu Knuts Zeiten soll eine Burg existiert haben, die zu einer Kette von sächsischen Burgen entlang der walisischen Grenze gehörte.

Dieses Grenzgebiet von England zu Wales wird Welsh Marches genannt. Das hat nix mit Sümpfen zu tun, sondern muss mit Walisischen Marken übersetzt werden, also eine Grenzmark. Mark ist nix weiter als ein alter, damals verbreiterter Begriff für eine Grenzregion. (Mark = lat. Marchia und schwups sind wir beim engl. Marches). Die Lehen in den Marches waren natürlich heiß begehrt, durfte man sich doch im Ausgleich dafür mit den Walisern rumschlagen. Achtung Ironie. Im deutschen heißen diese Adligen, wer hätte es gedacht, Marktgrafen.

Genau so wenig wie man weis, wer denn nun die erste Burg an dieser Stelle baute, genau so wenig weis man sicher, wer denn nun den Bergfried baute. Sicher ist nur, er ist das älteste Stück der Burg. Irgendwann Mitte des 12ten Jh. wurde Godrics Sandburg abgerissen und durch einen Turm aus Stein ersetzt. Vom Nachfolger Godrics, seinem Schwiegersohn, oder dessen Sohn, Baderon of Monmouth, oder dessen Schwager, dem Earl of Pembroke, oder dem Sohn des Earls, Richard oder doch der König selbst? Sucht Euch einen aus.

Zum Vergleich, die Mauerstärke des Turms in Kenilworth betrug 5 Meter, die Innenräume des Turm in Goddrich messen gerade mal 4,5 m x 5,5 m. Legenden ranken sich natürlich auch um den Turm. So soll er auch Macbeth Tower heißen, nach einem irischen Häuptling, der dort eingekerkert war, und der dort starb als er versuchte zu fliehen. Und so geht sein Geist immer noch dort um.

Als Edward I. in Nordwales seine Burgen baute, ließ William de Valence 1280 eine viel größere Burg um den alten Turm bauen und diese, heutige Burg, ähnelt Edwards Burgen in Nordwales und ist selten für England. Die Konstruktion stellte zudem sicher, das Herrschaft und Dienerschaft voneinander getrennt leben konnten, ein Novum. Anfang des 17. Kh. gab es sogar fließend Wasser in der Küche.

Machen wir es kurz und kommen zum Ende, welches im englischen Bürgerkrieg der Fall war. Die Parlamentarier rückten im Juni 1646 mit Roaring Meg an, einem Mörser der mit Schießpulver gefüllte Granaten von 90kg verschießen konnte und heute unten im Hof der Burg zu sehen ist. Als der Nordwestturm zusammenbrach und die Besatzung zudem nur noch 30 Fässer Bier hatte, kapitulierten die Royalisten und die Garnison zog ab. Anschließend wurde die Burg geschleift, England hatte eine Ruine mehr.

Und so hat Goodrich einmal ausgesehen.

Und so schaut es heute aus.

Oben von den Mauern gut zu sehen unser Inn on the Why und die Brücke.

Zum Schluss unseres Besuchs noch ein Blick in die Burgkapelle, deren Altar noch älter ist als die Burg selbst. Die Lage der Kapelle ist ungewöhnlich, liegt sie doch direkt neben den Torhaus, was wohl den beengten Platzverhältnissen geschuldet ist.

Done. Als wir gehen, zieht es sich doch glatt wieder zu.

Als wir im Visitorcenter unser obligatorisches Eis kaufen und die Audio Guides zurückgeben, meinte man, Sie sind immer noch da?! Tja, 3 Stunden hält sich hier wohl niemand auf. Dabei ist das eine schöne, wie in der Kindheitsvorstellung. Als wir zum Auto gehen, fällt Frau B ein, das sie ja einen Laden nach Wals verkauft hat und so route ich das Navi über diesen Ort. Es scheint, das es den Ort in Wales wohl öfters gibt, das Kaff wo wir landen ist es jedenfalls nicht. Ein weitere Suche ergibt, der gesuchte Shop ist weiter nördlich von Cardiff, das wird also heute nix. Aber wo wir schon mal hier sind, knipsen wir halt die Kirche.

In Cardiff fahren wir zuerst zu unserem B&B, stellen fest wo der dazugehörige Parkplatz liegt, hinter dem Haus. Zudem ist er genauso niedlich wie unser Zimmer im 2. Stock. Egal, wir haben ja unseren Stellplatz. Als später unser ganzer Kram oben im Zimmer ist, ist vom Fußboden nicht mehr viel zu sehen.

Doch der Tag ist noch nicht zu Ende, jetzt wird noch geradelt.