Es ist zwar schon etwas länger her, aber da die Mulis schon seit fast(?) hundert Jahren die Touristen in den Grand Canyon bringen, kann man wohl davon ausgehen dass diese Tour in der Form immer noch aktuell ist. Zeitlos.
Vorgeschichte:
Im Frühling 2007 waren meine Frau und ich im Südwesten unterwegs. Als wir am South Rim die Aussicht geniessend die Mulis mit den Touristen sahen, sagte meine Frau - selbst Reiterin - spontan: "Will ich auch mal". Ich selbst habe nun mit Pferden gar nichts am Hut, sagte aber damals spontan so etwas wie "klar, warum nicht?".
Wieder zu Hause war der Gedanke erstmal bei Seite gelegt. Dann aber, im November 2007 war er wieder da: "Wann machen wir den Trip auf dem Muli in den Grand Canyon?". Ziemlich schnell war dann der Entschluss gefasst: im Jahr darauf, also im Herbst 2008 sollte es sein.
Allerdings war es schon eher spät. Den Muliritt sollte man mindestens 1 Jahr im vorraus reservieren. Dies geht nur telefonisch.
Also: angerufen, und es waren tatsächlich noch ein paar Restplätze frei.
Gebucht war dann die Tour vom 28.- 29. September 2008.
Mit der Tour hat man auch automatisch eine Cabin in der Phantom Ranch mit Abendessen und Frühstück. Da jeden Tag somit viele Plätze durch die Reiter belegt sind, dürfte mit ein Grund sein warum es so schwierig ist so eine Cabin als Wanderer zu bekommen.
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir weder Flug, noch sonst etwas gebucht oder geplant, d.h. die restliche Tour wurde an diese beiden Tage angepasst.
Bereits am Vortag muss man zum Checkin. Man wird gewogen, es gibt eine Gewichtsgrenze für die Reiter, und erhält eine Plastiktüte in die das Gepäck rein muss sowie eine Regejacke und eine Wasserflasche. Wir übernachten die Nacht vor dem Trip in der Bright Angel Lodge, ebenso die Nacht danach. Sein Gepäck kann man während dieser Zeit in der Lodge aufbewahren.
Am frühen morgen stehen die Mulis fertig gesattelt bereit. Wer austeigt und sich auf dem Muli nicht wohl fühlt bekommt sein Geld zurück. Sobald man unterwegs ist, ist diese Möglichkeit vorbei:
Das Gepäck für 2 Personen. Jeweils:
Die Regenjacke die man geliehen bekommt.
Die Wasserflasche mit 1l Wasser (kann unterwegs nachgefüllt werden) die man "geschenkt" bekommt.
Jeweils einen kleinen Plastikbeutel für das Gepäck. Was dort hineinpasst darf man mitnehmen, mehr Platz gibt es nicht. Wir hatten:
- 1x Unterwäsche
- Taschenlampe
- Regenhose
- Sonnenschutz
- T-Shirt
Dann geht es auf dem Bright-Angel Trail los. Die Frau direkt vor mir hat das wichtigste Werkzeug für die Mulis in der rechten Hand....nein, das ist keine Peitsche, das ist ein "Mule-Motivator"
Ausblicke
Die Mulis haben Vorrang, Wanderer sollten besser ausweichen.
Und weiter abwärts
Dann wird der "Indian Garden erreicht". Ein Campingplatz mit der Möglichkeit das Wasser aufzufüllen. Es gibt dort auch ein kleines Mittagessen und die erste Pause.
Sobald man sich vom Wasser wegbewegt wird es sofort wieder karg
Die Serpentinen können einem schon etwas Angst machen, ich habe mir immer eingeredet dass ein Muli keine Selbstmordgedanken hat.
Man ist schon tief unten und lernt den Grand Canyon von einer neuen Seite kennen.
Dann sieht man zum ersten Mal den Colorado-River. Das kommt eher überraschend, man ist da schon fast unten.
Dann überquert man den Colorado auf einer kleinen Brücke...sie wird schon halten...
Noch ein paar Minuten, dann ist nach ca. 4h das Ziel erreicht, die Phantom Ranch. Man hat dann einen halben Tag Zeit sich unten umzusehen:
Diese besteht aus einem Schlafsaal, dem Restaurant und einigen kleinen Hütten für 2 oder 4 Personen.
Einfach so dort als Wanderer zu essen funktioniert jedoch nicht. Das Essen muss reserviert werden. Eine Karte in dem Sinne gibt es auch nicht. Man isst was auf den Tisch kommt.
Ein Immobilienmakler würde die Einrichtung wohl als "Zweckmässig" beschreiben:
Von der Phantom Ranch der Blick nach oben. Oben rechts sieht man den South Rim, in diesem Bereich befindet sich der Mather Point.
An der Phantom Ranch fliesst dieser kleine Bach vorbei.
Die andere Art den Canyon zu erleben
Am Colorado-River
Am nächsten Morgen stehen die Mulis wieder bereit. Der Guide fragt uns wie wir uns fühlen. Auf meine Antwort dass ich jeden einzelnen Knochen spüren würde grinst er nur und meint "That's a good thing".
Es geht wieder aufwärts, diesmal den South Kaibab Trail
Das ist Steve, damals 62 Jahre alt, er hat uns sicher hinunter und wieder hochgeführt...nein, er schaut nur grimmig, in Wirklichkeit ein netter Kerl.
Der Preis von ca. 700$ für 2 Personen für den Trip erscheint einem auf den ersten Blick teuer. Wenn man jedoch bedenkt, dass alles was man als Gast dort braucht, sowie den Abfall den man verursacht, täglich per Muli transportiert wird relativiert sich das ganze wieder etwas.
Ausblicke
Ach ja, der rechts bin ich, der braune mit der hellen Schnauze auf dem ich sitze ist Charlie. Ein etwas faules Stück, ich musste ihn öfters motivieren...
Die Wege sind ab und zu eher schmal, und werden auch dadurch dass es daneben doch recht steil und recht weit nach unten geht nicht besser
Die letzte Pause am Cedar Ridge. "Not a real cowboy, eh?" hat mich ein Wanderer dort gefragt als ich meine Knochen vom Muli gewältzt hatte...Scherzkeks.
Und ein letzter Blick kurz bevor man wieder oben ist....ach tut es gut wenn man seine Knochen wieder sortieren kann und der Schmerz in den Knien nachlässt.
Zusammenfassung: absolut empfehlenswert. Die anstrengenste Möglichkeit in den Canyon zu kommen ist zwar zu Fuss. Das
heisst aber nicht, dass der Muliritt bequem ist. Man sitzt 4-5 Stunden
im Sattel und spürt nach kurzer Zeit Knochen und Muskeln die man zuvor
noch nie gespürt hat wenn man sonst nicht im Sattel sitzt. Vor allem
beim Bergab-Reiten braucht es ständige Körperspannung dass man nicht
ständig unkontrolliert hin- und hergeschüttelt wird. Aufwärts ist weniger anstrengend für den Reiter.
Als wir dann wieder oben waren, haben wir den Grand Canyon mit ganz anderen Augen gesehen. Und auch Jahre später, wenn wir oben am South Rim stehen kehrt die Erinnerung zurück, die Augen finden sofort den Weg von damals wieder.
Wer den Grand Canyon nicht von unten sieht, hat nur einen kleinen Teil davon erlebt.
Die Mulis bewegen sich oft so weit wie möglich am Abgrund, wo man selbst freiwillig keinen Fuss mehr hinsetzen würde...habt Vertrauen