Still oder nicht still, hier sind alle willkommen
Tag 4 – Der Höllentrip
Am Morgen ist unser Auto bevölkert von Stabheuschrecken, Spinnen und
anderem Krabbelgetier. Zum Frühstück gibt es trotzdem ganz klassisch nur
Weißbrot und Käsesticks. Kurz darauf brechen wir schwer bepackt auf in
Richtung Nankoweap Trailhead. 20 bis 25 Kilo lasten auf unseren
Schultern, der Großteil ist Wasser. Erst am Colorado River gäbe es
wieder die Möglichkeit, die Speicher mit Flusswasser aufzufüllen. Die
Kameraausrüstung mit dem schweren Stativ trägt ihr übriges dazu bei.
Die ersten fünf Kilometer folgen wir dem Saddle Mountain Trail durch
einen dicht bewaldeten Canyon. Der Trail ist verwachsen und führt meist
steil bergauf. Mit unserer schweren Ausrüstung kein leichtes
Unterfangen, doch wir wissen, worauf wir uns hier einlassen.
Endlich erreichen wir den Nankoweap Trailhead. In der Nähe richten
wir ein erstes Wasserdepot ein. So haben wir weniger Gewicht und auf dem
Rückweg frisches Wasser. Ab jetzt genießen wir einen grandiosen Blick
in den Grand Canyon. Ganz ungefährlich ist das Unterfangen nicht: Der
oft nur wenige Zentimeter breite Trail führt direkt in einer steilen
Canyonwand entlang – und über unseren Köpfen warten tausende
tonnenschwere Felsblöcke darauf, in die Tiefe zu stürzen und vielleicht
den einen oder anderen Wanderer mitzureißen.
Der Blick zurück: Hier oben in der Felswand verläuft der Trail
Nach fünf Stunden haben wir rund zwölf Kilometer bewältigt – die
Hälfte der Strecke bis zum Colorado River. Wir spulen Kilometer für
Kilometer ab und genießen die grandiose Aussicht. Die Stille wird leider
immer wieder von Hubschraubern unterbrochen, die Touristen aus Las
Vegas durch die Schlucht fliegen. Stunden später erreichen wir die
Stelle, an der der Trail über ein steiles Geröllfeld rund 1000 Meter in
die Tiefe führt.
Inzwischen ist es später Nachmittag, unser Ziel, den Colorado River,
können wir unmöglich noch bei Tag erreichen. Wir steigen ab, haben noch
etwa 600 Höhenmeter vor uns. Hier wird uns klar, dass wir uns mit der
Zeit verschätzt haben. Immerhin liegen noch immer acht Kilometer vor
uns. Wir brechen ab und steigen wieder 400 Höhenmeter auf. Hier oben
können wir unser Zelt problemlos aufbauen.
Wir sind etwas enttäuscht, aber auch überglücklich. Den
spektakulärsten Teil der Wanderung haben wir gemeistert. Das Endziel,
das Cliff House hoch über dem Colorado River, heben wir uns für einen
anderen Trip auf – dann planen wir aber vier Tage für diese Wanderung
ein.