Upper Yosemite Fall Trail, Yosemite NP

  • Die Wanderung an die Kante des Upper Yosemite Fall gehört zu den anstrengendsten Touren, die man im Yosemite Valley unternehmen kann - immerhin gilt es, auf einem 6 Kilometer langen Anstieg ca. 800 Höhenmeter zu überwinden. Belohnt wird man dafür mit herrlichen Ausblicken und natürlich der unmittelbaren Nähe zu einem der höchsten Wasserfälle der Erde. Allein der obere Teil der Yosemite Falls zählt mit seinen 440 Metern zu den Top 20. Insgesamt kommen die Yosemite Falls auf 739 Meter und sind damit die höchsten Fälle Nordamerikas und Nummer sechs weltweit. Allerdings nur im Winter und Frühling. Im Sommer trocknen die Yosemite Falls komplett aus. Schon allein deshalb ist das Frühjahr die einzig sinnvolle Jahreszeit für diese Wanderung. Wir haben sie im Mai 2013 in Angriff genommen. Übrigens ist der Trail einer der ältesten im Nationalpark und wurde schon zwischen 1873 und 1877 angelegt.



    Der eigentliche Beginn der Wanderung ist am Camp 4, Haltestelle Nummer 7 des Shuttle-Busses. Einen Parkplatz gibt es hier nicht, man kann das Auto aber in der Nähe an der Yosemite Lodge abstellen. Wir haben auf dem großen Parkplatz am Village geparkt und sind die Meile zum Trailhead spaziert. Zum Warmmachen sozusagen. Dabei kommen wir auch am Lower Yosemite Fall Trail vorbei. Hier führt ein asphaltierter Fußweg an den weniger spektakulären unteren Abschnitt der Fälle - und hier ist garantiert immer der größte Touristen-Auflauf. Der Upper Yosemite Fall Trail steht im krassen Gegensatz dazu, ist aber auch ein viel begangener Weg. Man muss also keine Angst haben, in der Wildnis verloren zu gehen.



    Die Wanderung geht in steilen Serpentinen sofort von null auf hundert. Der Weg ist schattig aber sehr steinig, Wanderstöcke schon hier sehr hilfreich. Das gute am steilen Aufstieg ist natürlich, dass man bald tolle Ausblicke in das Tal genießen kann. Wie eine Schlange windet sich der Merced River durch die Wiesen, wie Spielzeug sehen bald die Autos auf der Straße aus.


    Nach einer Meile, auf der man schon gut 300 Höhenmeter gewonnen hat, ist der Columbia Rock erreicht, ein schöner Aussichtspunkt, den viele Wanderer für eine erste Rast nutzen. Dahinter kommt eine sehr unangenehme Passage über einen Erdrutsch. Gar nicht so einfach, hier durch den Sand zu kommen. Und das mit dem Schatten hat sich auch erledigt. Wie eine Erlösung führt der Weg danach ein kurzes Stück bergab - wenn man nur nicht wüsste, dass man alles, was man runter läuft, auch wieder hinauf muss...



    Es folgt ein weitgehend ebener Abschnitt der direkt an den Fuß des Upper Yosemite Fall führt. Die Ansicht der tosenden Wassermassen ist einfach atemberaubend. In der Nähe der Gischt ist es auch spürbar kühler. Wir legen eine Frühstückspause ein und genießen die Szenerie. Eine gute Stunde haben wir bis hierher gebraucht und wer nur mal den optimalen View Point für den Wasserfall gesucht hat, kann hier wieder umdrehen. Der Gedanke kommt uns aber nicht.


    Auf dem anschließenden Wegstück trennt sich die Spreu vom Weizen: Wer hier weiterläuft, meint es ernst mit dem Wandern. Der Trail windet sich einen Einschnitt zwischen den senkrecht aufragenden Granitwänden hinter dem Wasserfall ausnutzend auf ein Hochplateau. Schatten? Fehlanzeige. Gut zwei Drittel des Anstiegs läuft man am Vormittag in der prallen Sonne. Serpentine um Serpentine. Bald merke ich, viel zu wenig Wasser mitgenommen zu haben und schiebe alle Bedenken beiseite: Die kleinen Bäche am Wegesrand liefern köstlich kaltes Wasser. Ist mir völlig egal, ob da irgendwelche Keime drin sind oder eine Bergziege reingepinkelt hat.


    Schließlich haben wir es geschafft. Erleichtert schlendern wir die letzten Meter bis zur Stelle, an der der Yosemite Creek über die Kante stürzt und 440 Meter tiefer in einer Nebelwolke ankommt. Hier gibt es eine Art natürliche Besucherplattform, auf die in den Felsen gehauene Stufen führen und an der man sicherheitshalber auch noch Eisengeländer angebracht hat. Für arg Höhenängstliche ist das hier aber nichts. :S:




    Doch erstaunlich viele Leute aus aller Herren Länder hat es wie uns hier herauf gezogen, wobei sich die asiatischen Wanderfreunde mal wieder besonders lautstark hervortun. Das kann ich mir nicht all zu lange geben, also beschließe ich, noch zum Yosemite Point zu laufen. Dieser Aussichtspunkt ist nochmal etwa eine Meile und 100 Höhenmeter entfernt. Man erreicht ihn über die Brücke am Yosemite Creek oberhalb des Wasserfalls. Der Yosemite Point bietet eine grandiose Aussicht auf den Half Dome. Es lohnt sich, da noch rauf zu wandern, wenn man eh schon bis zum Upper Yosemite Fall gekommen ist. Conny hat darauf verzichtet, kommt mir nun aber beide Rucksäcke tragend auf dem Weg entgegen. Wir kühlen die Füße im Bach, was dank der Eiseskälte des Wassers innerhalb von Sekunden erledigt ist, dann machen wir uns an den Abstieg.









    Glacier Point und Sentinel Dome gegenüber


    Der Weg nach unten zieht sich wie Kaugummi. Ich bin froh, die Wanderstöcke dabei zu haben. Noch immer kommen uns einige Leute entgegen, die wir auf dem Weg nach oben überholt haben. Einige sehen aus, als stünden sie kurz vor dem Kollaps. Ich versuche die ein oder andere Aufmunterung, ernte aber höchstens ein schiefes Lächeln. Kommt schon, Leute! :D


    Nach einer gefühlten Ewigkeit unten angekommen könnten wir nun in den Shuttle-Bus steigen, gehen dann aber doch zu Fuß zurück ins Village. Irgendwie tut es ganz gut, jetzt wieder auf ebenem Gelände zu laufen. Ein Familienvater fragt uns vor dem Weg zum Lower Yosemite Fall, ob wir tatsächlich gerade von da oben runtergekommen sind und ob der Trail bis zu der Stelle mit dem tollen Blick auf die Fälle "rocky" wäre. Ja, ist er. Very. Damit ist das Thema für den Rest der Familie durch.



    Im Yosemite Village kann ich endlich meinen Elektrolyte-Haushalt wieder ins Lot bringen. Gatorade und Bier verschwinden in Rekordzeit in meiner Kehle. ;cola;


    Fazit: Als Yosemite-Fan sollte man diesen Hike einmal im Leben unternommen haben - damit ist's dann aber auch gut. Insgesamt bin ich an die 900 Höhenmeter und - samt Marsch vom und zum Auto - 18 Kilometer Wegstrecke gewandert. Die haben wir in gut 5,5 Stunden und damit ziemlich flott rumgebracht. Die meisten Beschreibungen setzen 6 bis 8 Stunden für diesen Trail an. Wie auch immer: Man sollte sich an diesem Tag nichts anderes mehr vornehmen. :whistling:

  • Wow, ein toller Trail!
    Den ich allerdings nie gehen werde, denn ich mag nicht ständig bergauf und dann auch noch steil und dann auch noch die Höhe.
    Bei den Fotos, die den Blick nach unten zeigen wird mir hier am Compi schon blöd im Kopf :schaem:


    Danke für die tolle Beschreibung :clab::clab::clab:


    oder eine Bergziege reingepinkelt hat


    :gg:
    Ich denke, das wäre dann auch so verdünnt, das würde man nicht merken ;)

  • Ist der Weg an kritischen Stellen gesichert? Kannst Du ihn in Bezug auf Höhenangst mit anderen Wegen vergleichen, z.B. Angels Landing oder Observation Point (in manchen Abschnitten) im Zion?


    Der Trail selbst ist imo gar nicht kritisch für Höhenängstliche. Es gibt keine ausgesetzte oder sehr schmale Stellen, der Weg ist immer mindestens so breit, dass zwei Menschen gut aneinander vorbeilaufen können, also etwa so wie beim Observation Point. Nur viel steiniger.


    Kribbelig wurde es mir aber oben an der Kante der Fälle. Um da zu der Stelle mit dem Geländer zu kommen, muss man nicht nur steile Treppen nehmen, sondern sich auch auf diesem Sims entlanghangeln:



    Wirklich passieren kann da nichts, aber man kommt dem Abgrund schon sehr nahe. Gleiches gilt für den Yosemite Point weiter oben.

  • Oha, das sieht aber heftig aus. Ich glaube nicht, dass ich da ein Foto hätte machen wollen :EEK:


    Vielen Dank, Oli! Jetzt lese ich Deinen Bericht noch mal genau, um zu sehen, ob ich unbedingt bis zu dem Geländer muss :)

  • Kribbelig wurde es mir aber oben an der Kante der Fälle. Um da zu der Stelle mit dem Geländer zu kommen, muss man nicht nur steile Treppen nehmen, sondern sich auch auf diesem Sims entlanghangeln:

    :EEK: Spätestens da wäre für mich Schluss gewesen....


    Tolle Vorstellung. Toller Blick.
    Ich fands aber auch von unten nicht schlecht... ;) :schaem:

  • Ja, das ist wirklich ein toller Trail, besonders im Frühjahr, wenn die Fälle ordentlich Wasser führen.


    Auch der Abstecher zum Yosemite Point lohnt definitiv (kann wie bei uns im Mai durch Schneereste allerdings etwas erschwert sein).


    Zitat

    Der Weg nach unten zieht sich wie Kaugummi.


    Absolut! Durch wechselndes, unebnes Terrain kommt man auch nicht recht "in flow".

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